• Edwin Geist: "Stündlich zähle ich die Tage..."
• Andreas Urs Sommer: Lexikon der imaginären philosophischen Werke
• Gabriele Riedle: Überflüssige Menschen
• Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen: Das wunderbarliche Vogelnest
• Raymond Roussel: Locus Solus
• Marcus Hernig: Eine Himmelsreise. China in sechs Gängen
• Fritz Rudolf Fries: Der Weg nach Oobliadooh
• Gilbert Keith Chesterton: Die Paradoxe des Mr. Pond
• Dino Buzzati: Die Tatarenwüste
• Gilles Rozier: Im Palast der Erinnerung
• Reinhard Blomert: Adam Smiths Reise nach Frankreich oder die Entstehung der Nationalökonomie
• Vladimir Jabotinsky: Die Fünf
AB Die Andere Bibliothek 2012, AB 325, 282 S.
»Was ich möchte?
Ich will meine Frau wieder zurückhaben, die unschuldig im Ghetto leidet!«
Edwin Geist, 10. Juni 1942
Ein ergreifendes Zeugnis aus der Schreckenszeit der Massenmorde an den Juden.
Wir werden Leser von intimen Tagebuchblättern, die nie für fremde Augen bestimmt waren; von Zwiegesprächen, die Edwin Geist mit der im gar nicht fernen Ghetto internierten, aber doch unerreichbaren, geliebten Frau führt - mit Lyda. Der als ›Halbjude‹ von den Nationalsozialisten mit Berufsverbot bestrafte Komponist Edwin Geist war 1938 von Berlin ins litauische Kaunas gegangen, wo er sich in Lyda verliebte und sie heiratete.
Reinhard Kaiser ist vor Jahren auf diese atemberaubenden fünf Hefte gestoßen und hat sie nun neu ediert und kommentiert. Sie zeugen von dem Mut und der List, mit der Edwin Geist bei den Nazi-Behörden die Freilassung seiner geliebten Lyda erreicht nachdem es ihm selbst schon glücklich gelungen war, dem Ghetto zu entkommen. Edwin Geists Alltagschronik aus sechs Monaten erzählt von seiner Hoffnung und seiner Verzweiflung, von seinen Kompositionen und Lektüren beim Warten auf Lyda.
Das »Tagebuch für Lyda« ist aber nicht nur ein Dokument der wenn auch leider nur kurzzeitigen Rettung dieses wundersamen Paares. Zur Geschichte dieses Tagebuchs gehören auch seine Odyssee aus dem Kaunas der Nachkriegszeit bis zu Reinhard Kaiser und die abenteuerlichen Wege des musikalischen Werkes eines Komponisten, der nun auch anhand von zwei Stücken auf einer Compact Disc wiederentdeckt werden kann.
Edwin Geist, geboren 1902 in Berlin, ermordet 1942 im litauischen Kaunas, war ein deutscher Komponist und Musikschriftsteller.
AB Die Andere Bibliothek 2012, AB 326, 362 S.
Vom Glück und Unglück des Nichtgeschriebenen
Für philosophisches Denken ist es wesentlich, in Alternativen zu denken. Immer anders, niemals konsequent das ist exemplarische Philosophie.
Schon Sokrates fand nach Jahren intensiven Studiums der Philosophie nur eine Antwort auf all seine Fragen: »Ich weiß, dass ich nichts weiß.« Und Immanuel Kant, Königsberger Theorie-Ikone, traute sich über die Welt vor seiner Tür so wenig zu sagen, dass er sich selten um praktische Erkenntnis, dafür aber umso intensiver um die Bedingung der Möglichkeit von Erkenntnis überhaupt bemühte. Mit anderen Worten: Viele philosophische Bücher sind nie geschrieben worden aus Respekt, aus Zeitmangel, aus Lustlosigkeit.
Höchste Zeit also für ein Lexikon der imaginären philosophischen Werke, das all diese unausgesprochenen Ideen vereinigt. Ob Seneca, Cicero oder Averroes, Ockham, Pascal oder Leibniz, von den deutschen Klassikern Fichte oder Kant ganz zu schweigen, und natürlich mit Blick auf die Modernen wie Carnap oder Benjamin und die Zeitgenossen wie Habermas und viele, viele beinahe unbekannte Denker, zeigt uns Andreas Urs Sommer, wie die virtuelle Philosophie zu ihrem Recht kommt. Und die Philosophie wäre nicht die Königsdisziplin der Wissenschaft, wenn sie die kritische Würdigung des noch nicht Verfassten nicht gleich mit übernähme. Und so ist das Lexikon der imaginären philosophischen Werke beides Konstruktion und Kritik des Virtuellen.
Wer dieses Lexikon der imaginären philosophischen Werke liest, stößt schließlich auch noch auf eine ganz seltene Einsicht:
Es erweist sich als ein großes Glück, dass die meisten möglichen philosophischen Werke ungeschrieben geblieben sind.
Andreas Urs Sommer, 1972 in Zofingen/Schweiz geboren, hat Philosophie, Literaturwissenschaft sowie Kirchen- und Dogmengeschichte studiert. Er lehrt seit 2008 Philosophie an der Universität Freiburg und ist Direktor der Friedrich-Nietzsche-Stiftung in Naumburg (Saale). In der ANDEREN BIBLIOTHEK erschien von ihm bereits 2002 Die Kunst, selber zu denken.
AB Die Andere Bibliothek 2012, AB 327, 243 S.
Ein Roman, der die wichtigste aller Fragen stellt:
»Wie ist es gekommen, dass wir so alleine sind?«
Überflüssige Menschen ist ein ebenso politischer wie philosophischer Roman. Und gleichzeitig ein kunstvoll komponiertes und kontrastreiches Stück Sprachmusik, lyrisch und böse, verspielt und rau.
In einem ungewöhnlichen Sound berichtet dieser Roman von den privaten und politischen Hoffnungen eines ganzen Jahrhunderts. Erzählerin ist Natalie, eine aus dem Schwäbischen stammende Berliner Russisch-Übersetzerin, die mit der Neuübertragung von Tschechows Drama Drei Schwestern beauftragt ist. Es geht um verlorene Traditionen und um korrumpierte Utopien. Um Erinnerungen an Vorfahren, zu denen die Verbindungen abgerissen sind. Um die vermeintliche Errettung so vieler Kleinbürgerkinder durch Bildung in den 1970er Jahren. Um sozialen Aufstieg. Und schließlich um die Verlorenheit einer ganzen Generation, deren Zeit zu Beginn des 21. Jahrhunderts schon wieder vorüber ist: Überflüssige Menschen wie die Lost Generation bei Tschechow.
Gabriele Riedle wurde 1958 in Stuttgart geboren und lebt in Berlin. Sie studierte Literaturwissenschaft und veröffentlichte zahlreiche und vielfach ausgezeichnete Reportagen von allen Kontinenten, vor allem aus Krisen- und Konfliktgebieten zwischen Afghanistan und Libyen, Darfur und Tschetschenien. In der Anderen Bibliothek erschien 2004 ihr Roman »Versuch über das wüste Leben«.
AB Die Andere Bibliothek 2012, AB 328, 415 S.
Eine heimliche Abenteuertour durch Grimmelshausens Zeit und hinter die Kulissen ihrer Ehrbarkeit
Davon können wir Leser nur träumen oder eben lesen: Das wunderbarliche Vogelnest macht seinen Besitzer unsichtbar und eröffnet ihm Gelegenheiten zu allem Möglichen, was sonst unmöglich wäre.
In einer Fülle komischer Szenen, amouröser Episoden und drastischer Streiche lässt Grimmelshausen zuerst einen einfachen Soldaten und dann einen machtbesessenen, reichen Kaufmann erzählen, wie es ihnen mit dem Vogelnest ergangen ist, und zeichnet dabei ein Panorama der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg. Täuschung und Selbsttäuschung sind allgegenwärtig, denn nicht nur der Krieg auch der Frieden bringt, auf seine Weise, eine »verkehrte Welt« hervor.
Grimmelshausen interessiert sich aber nicht nur dafür, was seine Figuren aus ihrer Unsichtbarkeit machen. Er geht auch der umgekehrten Frage nach: Was macht die Unsichtbarkeit aus ihnen? Der Kaufmann gerät ihm hierüber zur schwärzesten Figur, die er je geschaffen hat. Inmitten von Komik und Phantastik tun sich Abgründe auf…
Reinhard Kaiser, geboren 1950 in Viersen am Niederrhein, ist der Anderen Bibliothek seit ihren Anfängen durch zahlreiche Übersetzungen und Editionen verbunden. Seine Übertragung von Grimmelshausens Roman »Der abenteuerliche Simplicissimus Deutsch« wurde 2009 ein Bestseller: Es waren die Bände 296/297 der Anderen Bibliothek, die den Auftakt bildeten zu den simplicianischen Schriften. Es folgte Band 310 mit der Courage und dem seltsamen Springinsfeld. Den Abschluß der zehn Bücher des simplicianischen Zyklus macht nun Das wunderbarliche Vogelnest als Band 328 der Anderen Bibliothek.
Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen wurde 1621 oder 1622 im hessischen Gelnhausen geboren. Den Dreißigjährigen Krieg hat er von 1634 bis zum Friedensschluss im Jahre 1648 aus nächster Nähe erlebt als Pferdejunge, als Soldat und zuletzt als Regimentsschreiber. Später wurde er Burg- und Gutsverwalter am Oberrhein und starb dort im August 1676 als Schultheiß. Die beiden Bücher vom Wunderbarlichen Vogelnest erschienen 1672 und 1675.
AB Die Andere Bibliothek 2012, AB 329, 490 S.
Locus Solus der 1914 erstmals erschienene legendäre Roman von Raymond Roussel. Ein Wortuniversum, in dem das Werk des exzentrischen französischen Autors seinen Höhepunkt erreicht.
Seit Jahrzehnten nicht mehr veröffentlicht, ist Locus Solus nun wieder zugänglich, bereichert mit Kommentierungen, Abbildungen, einer Chronologie und einem Nachwort.
Zum literarischen Ereignis wird diese Neuentdeckung durch Episoden aus einer « Urfassung », die auch auf französisch noch nie veröffentlicht wurden. Wir lesen von « Bertha das Blumenkind » oder von « Flio im Mondschatten der Liebe ». Stefan Zweifel, Übersetzer, Publizist und einer der großen Kenner der französischen Literatur, hat sie entziffert und übertragen.
Locus Solus heißt der 1914 erstmals erschienene Roman von Raymond Roussel in dem das Werk eines exzentrischen Autors seinen Höhepunkt erreicht. Locus Solus, ein Wortuniversum, in dem sich der Surrealismus in Literatur und Kunst ankündigt und der Sprache ein neuer Raum eröffnet wird, hat seit seiner Veröffentlichung vor bald einem Jahrhundert nichts von seiner legendären Magie verloren. « Bei mir ist die Phantasie alles », bekannte Raymond Roussel, er lebte es, er schrieb es und in Locus Solus formt er seine puren Imaginationen zu einem visionären Sprachschauspiel.
« Niemand war so dicht den Geheimnissen auf der Spur, die das menschliche Leben lenken », schrieb Michel Leiris. André Breton nannte ihn den « größten Magnetiseur der modernen Zeit », und für Jean Cocteau war er ein « Genie von vollkommener Reinheit ». Zu den Bewunderern gehörten auch Francis Picabia und Marcel Duchamp, Philippe Soupault und Louis Aragon, Robert Desnos, Paul Éluard, André Gide und Marcel Proust, Max Ernst, Salvador Dalí und Michel Foucault oder Jim Jarmusch: « I love Roussel ».
Raymond Roussel wurde 1877 in Paris geboren. Schon 17-jährig schrieb er das erste Werk, La Doublure; 1909 erschienen die Impressions d'Afrique, worin er ein vollkommen imaginäres Afrika beschrieb. 1933 nahm er sich in Palermo das Leben. In der französischen Nationalbibliothek sind verschiedene Fassungen von Locus Solus und über 400 unveröffentlichte Seiten aufbewahrt.
Stefan Zweifel wurde 1967 geboren und lebt als Journalist, Übersetzer, Kurator und Moderator in Zürich. Bekannt wurde er durch seine Neuübersetzung von de Sades Hauptwerken. Er erhielt für seine Arbeit mehrere Preise.
Für diese Ausgabe von Locus Solus hat Stefan Zweifel die Übersetzung durch Cajetan Freund revidiert und außerdem um Fragmente und Episoden ergänzt, die er aus dem Französischen übertragen hat. Beigefügt hat er außerdem Fotografien, eine Chronologie, Nachwort und Bibliografie.
Noch ein kleiner Hinweis, für Interessierte:
Soeben ist im Droschl-Verlag eine Essaysammlung von Thomas Stangl erschienen, Reisen und Gespenster (hier der amazon-Link). Darin schreibt er in einem Kapitel über seine Erfahrungen Roussel zu lesen, darunter auch Locus Solus oder die Impressions.
AB Die Andere Bibliothek 2012, AB 330, 402 S.
»Für die Menschen auf Erden kommt das Essen dem Himmel gleich«
besagt ein altes chinesisches Sprichwort.
Wer sein halbes Leben in China verbracht hat und durch das Riesenreich gereist ist, der weiß aus eigener Anschauung, welche Bedeutung dem kulinarischen Alltag im chinesischen Leben zukommt. Gutes und abwechslungsreiches Essen bestimmt seit jeher die chinesische Gesellschaft, der Bauch das chinesische Bewußtsein. Während langer Aufenthalte in den chinesischen Provinzen, in Begegnungen mit Gourmets, Köchen und Künstlern, Garküchenbesitzern und passionierten Essern erschloss sich dem in und mit Shanghai verheirateten Sinologen Marcus Hernig das Menü und die Psyche Chinas ein neues Chinabild.
Der »mit dem Bauche Reisende« lernt, dass Kultur »hervorgegessen« werden kann, Politik aus dem Kochtopf stammt, Kreativität aus Schärfe geboren wird, Bildung auf den Esstisch kommt, Perfektion im Suppentopf zusammengekocht wird und am Ende das Kleine sich als das wirklich Schmackhafte entpuppt.
In sechs Gängen durch das weite Feld chinesischer Esskultur ein Reise- und Küchenbuch, kulinarisch durch die Regionen Chinas: um den Bauch und damit den Menschen im Reich der Mitte kennenzulernen.
Marcus Hernig wurde 1968 geboren und ist bereits als 24-Jähriger nach China aufgebrochen, lebt seit 1992 in China und seit 1998 in Shanghai. Er studierte Sinologie, Germanistik und Geschichte in Bochum und Nanjing.
Marcus Hernig arbeitet als Lektor des DAAD, als Beauftragter des deutschen Generalkonsulats für Bildungszusammenarbeit und als Gastprofessor für Moderne China-Studien an der Zhejiang-Universität Hangzhou. In Kyoto/Japan leitet er die deutsche Künstlerresidenz in der Villa Kamogawa des Goethe-Instituts.
AB Die Andere Bibliothek 2012, AB 331, 351 S.
Fritz Rudolf Fries war einmal ein berühmter Schriftsteller.
Sein erster Roman: ein früher avantgardistischer Höhepunkt aller Literatur der DDR.
»Zwar haben wir es nicht mit einem Jazz-Roman zu tun, aber doch mit einem Roman voller Jazz, und das in einem Maße, wie es seitdem in keinem deutschen Roman wieder vorkommt…, eines der bemerkenswertesten Bücher der deutschen Nachkriegsliteratur«
Jazzzeitung 2010
Der Weg nach Oobliadooh, das virtuose Romanschelmenstück des damals 31-jährigen Fritz Rudolf Fries, führte nicht in die realsozialistischen Niederungen, sondern in die sprachartistischen Höhen der Literaturmoderne.
»I knew a wonderful princess in the land of Oo-bla-dee« aus einer Songzeile des Bebop-Jazzers Dizzy Gillespie stammt das rebellische Sehnsuchtsmotiv zweier Außenseiter: Phantasie ohne Grenzen.
Es scheint heute fast noch weniger vorstellbar als damals, dass dieser Roman in der DDR verfasst werden konnte schreibt Helmut Böttiger in seinem großen Essay über Der Weg nach Oobliadooh. Der passte weder so richtig in die Zeit im Osten noch in diejenige im Westen es ist Zeit, diesen fulminanten Roman wiederzuentdecken.
Fritz Rudolf Fries wurde 1935 im spanischen Bilbao geboren und kam mit seiner Familie 1942 nach Leipzig, wo er Anglistik, Romanistik und Hispanistik studierte. Er war als Übersetzer, Dolmetscher und Assistent an der Akademie der Wissenschaften tätig, sein erster Roman »Der Weg nach Oobliadooh« konnte 1966 bei Suhrkamp im Westen erscheinen. Er lebt in Petershagen in der Nähe von Berlin.
Helmut Böttiger, geboren 1956, studierte Germanistik und schrieb seine Dissertation über Fritz Rudolf Fries und die DDR-Literatur. Er lebt als Autor und Kritiker in Berlin.
Buchgestalter / Buchkünstler: Matthias Wittig
AB Die Andere Bibliothek 2012, AB 332, 397 S.
OT: The Paradoxes of Mr. Pond (1937) und Tales of the Long Bow (1925)
Cape und zerdrückter Hut, Stockdegen und Zigarre.
Er war ein Mann mit Stil.
Und natürlich exzentrisch.
In den letzten Monaten seines Lebens veröffentlichte Gilbert Keith Chesterton monatlich eine Kriminalnovelle im »Storyteller« ihr Held ist ein seltsamer Regierungsbeamter namens Mr. Pond.
Die Sammlung dieser acht scharfsinnigen Geschichten »Die Paradoxe des Mr. Pond« erschien erst ein Jahr nach Chestertons Tod. Es ist sein letzter literarischer Coup und wir wissen: nur in schlechten Detektivgeschichten ist die Lösung materieller Natur.
Ein Jahrzehnt zuvor erschienen die »Geschichten vom überspannten Bogen« mit Helden, die in bizarre Abenteuer geraten; geschrieben mit diebischer Freude am Paradoxen, Märchenhaften und Surrealen, handelt doch jede Geschichte vom Umsetzen eines englischen Sprichworts in die Wirklichkeit und Unmögliches wird möglich.
Nun sind diese unmöglichen Geschichten nach bald neunzig Jahren endlich ins Deutsche übertragen worden.
Gilbert Keith Chesterton wurde 1874 in London geboren und ist dort 1936 gestorben. Er hat ein enormes erzählerisches und essayistisches Werk hinterlassen, am bekanntesten sind Der Mann, der Donnerstag war (1908) und Die Geschichten von Pater Brown (1911 bis 1935). In der Anderen Bibliothek sind von ihm erschienen: Ketzer. Eine Verteidigung der Orthodoxie gegen ihrer Verächter (Band 165, 1998) und Orthodoxie. Eine Handreichung für die Ungläubigen (Band 187, 2000).
Buchgestalter / Buchkünstler: Cornelia Feyll und Friedrich Forssman
AB Die Andere Bibliothek 2012, AB 333, 255 S.
OT: Il deserto dei Tartari (1940)
Die Wiederentdeckung eines vergessenen Autors:
Die Meditation eines Moralisten über die Vergänglichkeit des Lebens.
Der junge Offizier Giovanni Drogo verwartet auf einer abgeschiedenen Festung in der Tatarenwüste sein Leben, sie wird ihm Sinn und sie wird sein Schicksal…
Am Vortag von Mussolinis Kriegserklärung im Juni 1940 erschienen damals ein von Albert Camus bewundertes Kultbuch , ist Die Tatarenwüste Dino Buzzatis überwältigende existentialistische Lebensparabel. Deren magisch reale Bilder entfalten einen Sog, der die absurde Fatalität dieser tatarischen Fata Morgana, in der sich die Jahre entleeren, Wirklichkeit werden lässt.
Dino Buzzati wurde 1906 bei Belluno geboren. Er war Romancier und Novellist, Dramaturg und Poet, Autor von Opernlibretti, Maler und Illustrator der eigenen Bücher und vor allem zeit seines Lebens Reporter und Redakteur beim Corriere della Sera in Mailand. Dort starb Dino Buzzati 1972.
Maike Albath hat Romanistik und Germanistik studiert, arbeitet als Journalistin für Radio und Zeitungen und ist in Deutschland eine bekannte Kritikerin. Sie lebte einige Jahre in Italien und gilt sehr gute Kennerin der italienischen Literatur.
Buchgestalterin / Buchkünstlerin: Lisa Neuhalfen
AB Die Andere Bibliothek 2012, AB 334, 439 S.
OT: D'un pays sans amour
Die Erinnerung an Jiddischland: die Magie einer Sprache, einer Kultur, eines Volkes.
»Sie bitten mich, von einer für immer versunkenen Welt zu erzählen...«
Eine alte Dame hütet in ihrem Palast der Erinnerung das Gedächtnis an ein verlorenes Land, ein versunkenes Atlantis, wo die Poesie regierte verfasst in Jiddisch, Muttersprache von 11 Millionen Menschen vor dem letzten Krieg.
Sulamita, Tochter eines vormals berühmten Fotografen und Schriftstellers, erzählt vom Werdegang von drei Dichtern, »Sternschnuppen« am Himmel von Warschau, die sich entschieden hatten, die alte Sprache Jiddisch wieder einheimisch zu machen:
Uri-Zwi Grinberg (18961981), Perez Markisch (18951952) und Melech Ravitch (18931976). Damals waren sie jung, hatten ihre Geliebten und den Ruhm in ihrer Sprache bis zur Katastrophe, von Hitler bis Stalin, in der alles verschwand, das Land und die Bücher, die Körper und die Seelen.
»Im Palast der Erinnerung« wird alles wieder lebendig, erwachen Geschichten, Anekdoten, Briefe und Gedichte erstehen alte Kulturlandschaften wieder auf, Polen, Weißrussland, die Ukraine, Österreich-Ungarn, leuchtet in Prosa und Poesie die Sprache eines alten Europa.
Gilles Rozier wurde 1963 bei Grenoble geboren und studierte Hebräisch und Jiddisch. Er ist Direktor des Pariser Hauses für Jiddische Kultur. Es erschienen von ihm u.a. »Eine Liebe ohne Widerstand« (2004) und »Abrahams Sohn« (2007).
Buchgestalterin / Buchkünstlerin: Iris Farnschläder
AB Die Andere Bibliothek 2012, AB 335, 309 S.
Nach dem Scheitern des Neoliberalismus:
Die Wiederentdeckung der wahren Utopie des Adam Smith in Frankreich.
So wird Nationalökonomie anschaulich: Weniger als drei Jahrzehnte vor der Revolution reist Adam Smith von Glasgow nach Frankreich. Der bekannte Professor der Moralphilosophie begleitet einen jungen schottischen Adeligen auf Bildungsreise. Sie besuchen Voltaire in Genf; in Toulouse und in Paris beobachtet Adam Smith die vorrevolutionären Reformen, begegnet Politikern, Wissenschaftlern und den Vertretern der französischen Aufklärung: den »Ökonomisten« und nicht zuletzt den Damen der Pariser Salons, die ihn umschwärmen.
Reinhard Blomert macht anschaulich erzählend sichtbar: Das legendäre Hauptwerk des Begründers der klassischen Nationalökonomie, »Der Wohlstand der Nationen«, 1776 erschienen, verdankt sich Adam Smiths Reise nach Frankreich.
Reinhard Blomert wurde 1951 geboren und ist Sozialwissenschaftler mit den Schwerpunkten Wirtschaftssoziologie, Wirtschaftspolitik und Finanzmärkte. Er arbeitet am Wissenschaftszentrum Berlin und schreibt für zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften.
Buchgestalterin / Buchkünstlerin: Sabine Golde
AB Die Andere Bibliothek 2012, AB 336, 267 S.
Ein Gesellschaftsroman über den Untergang des bürgerlich-jüdischen Odessa zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Eine Entdeckung: ein Roman aus dem Jahr 1935, erstmals aus dem Russischen übertragen die »Buddenbrooks« am Schwarzen Meer.
Vladimir Jabotinsky, brillanter Feuilletonist und streitbarer Mitbegründer der zionistischen Bewegung, unternimmt eine imaginär-romanhafte Reise in das alte Odessa, in dem er 1880 geboren wurde und seine Kindheit und seine jungen Jahre verbrachte.
DIE FÜNF: eine elegische Erinnerung, verkörpert in den fünf Geschwistern der Familie Milgrom, die in den politisch-kulturellen Wirren ihrer Zeit zwischen revolutionärer Gewalt und Assimilation heranwachsen.
Durchdrungen vom Parfüm dieser sinnlich-heiteren und polyglotten Prosa, begegnet uns in Vladimir Jabtinskys Roman das Vielvölkergemisch einer kosmopolitisch toleranten Stadt.
Es entfaltet sich ein theatralisch-tragisches Menschschauspiel.
Es sind die letzten Tage von Odessa.
Vladimir Jabotinsky wurde 1880 in Odessa in einer jüdisch assimilierten Familie geboren: ein großer Journalist, ein Politiker in der zionistischen Bewegung und auch ein gelehrter und vielsprachiger Hebraist und Autor. 1940 starb Vladimir Jabotinsky in New York, sein Grab befindet sich in Jerusalem.
Buchgestalterin / Buchkünstlerin: Manja Hellpap