• Karl Philipp Moritz: Reisen eines Deutschen in Italien
• Simone Stölzel: Nachtmeerfahrten
• U.D. Bauer: O.T.
• Ilja Ilf, Jewgeni Petrow: Das Goldene Kalb
• Enrique Vila-Matas: Dublinesk
• Christian Enzensberger: Nicht Eins und Doch
• Kati Marton: Volksfeinde. Der Weg meiner Familie nach Amerika
• James Agee: Preisen will ich die großen Männer
• Marko Martin: Die Nacht von San Salvador
• Robert James Fletscher: Inseln der Illusion. Briefe aus der Südsee
• Henriette Herz in Erinnerungen, Briefen, Zeugnissen
• Albert Londres: Ein Reporter und nichts als das
AB – Die Andere Bibliothek 2013, AB 337, 695 S.
»Moritz ist hier. …Es ist ein reiner, trefflicher Mann, an dem wir viel Freude haben.«
»Er ist wie ein jüngerer Bruder von mir.«
Johann Wolfgang von Goethe
Karl Philipp Moritz und Johann Wolfgang von Goethe begegneten sich in Rom erstmals am 20. November 1786. Auch Moritz ist beeindruckt und schreibt: »Dieser Geist ist ein Spiegel, in welchem sich mir alle Gegenstände in ihrem lebhaftesten Glanze und in ihren frischesten Farben darstellen.«
Karl Philipp Moritz war der vom Pech verfolgte »Zwillingsbruder« von Goethe. Eine tiefe innere Verwandtschaft eint beide – viel zu wenig wahrgenommen. Fast zeitgleich verbrachten sie römische Jahre. So lebendig, anschaulich und abwechslungsreich wie bei Karl Philipp Moritz wurde Italien nie wieder beschrieben – auch von Goethe nicht.
Die Reisen eines Deutschen in Italien von Karl Philip Moritz und die Italienische Reise von Johann Wolfgang von Goethe sind die Summe des deutschen Erfahrungsschatzes aus Italien im ausgehenden 18. Jahrhundert. Verona ist Moritz' Tor nach Süden, er lernt die Adriaküste kennen, um in Rom, Neapel und Pompei, auf dem Vesuv und auf Capri, in Sorrent und Florenz der Antike nahe zu kommen.
»Moritz ist mir der liebste.«
Heinrich Heine
Moritz streift als Melancholiker durchs »ewige« Rom, aber was er sucht, ist schon im Schutt der Gegenwart versunken. Ein faszinierendes Mosaik der großen Stadt entsteht im dauernden, schnellen und sprunghaften Blick- und Szenenwechsel: Kinderspiele, Stierkämpfe, Karneval, Opernarien, komische Heilige, Diebe, Bettler, Aberglauben, Stegreifdichter, Geräusche und Lärm… Sein moderner Reisebericht liest sich wie eine Postkartenfolge, an die lesende Mit- und Nachwelt eilig von unterwegs verschickt.
Die Reisen eines Deutschen in Italien: die autobiographische Selbstfindung eines spät entdeckten modernen Klassikers, die Karl Philipp Moritz zu einem Zeitgenossen macht. Literarisch bewundert von Rolf Dieter Brinkmann, Hubert Fichte oder Peter Handke, gespiegelt in der Fotokunst von Alexander Paul Englert und essayistisch erhellt von Jan Volker Röhnert.
Karl Philipp Moritz wurde 1756 in Hameln geboren. Er war unter den preußischen Aufklärern derjenige, von dem Heinrich Heine später sagen wird: »Moritz ist mir der liebste«. Sein großer autobiographischer Roman Anton Reiser (17851790), das Gegenstück zu Rousseaus Bekenntnissen, ist weltberühmt. Sein Magazin zur Erfahrungsseelenkunde war die erste psychologische Zeitschrift und von der enormen Spannbreite des Denkens zeugen daneben die pädagogischen und philosophischen Schriften vor allem seine Kunsttheorie, die den Freund Goethe tief beeinflusst hat. Karl Philipp Moritz ist ein spät entdeckter moderner Klassiker. 1793 ist er in Berlin gestorben.
Buchgestalter: Wim Westerveld
Es wurde in der Anderen Bibliothek schon viel berichtet »aus anderen Ländern, aus aller Welt«: Ein anderer Reisebericht ist als dritter Band der Anderen Bibliothek schon 1985 erschienen: auch Johann Gottfried Seume erwanderte Italien 1801/1802, »Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802« ist das literarische Produkt dieser Reise.
AB Die Andere Bibliothek 2013, AB 338, 377 S.
Eine literarische Reise durch die dunkle Seele der Romantik -
Von Lüsten, Wahn und anderen Zwängen
Die Visionen der Romantik haben die europäische Kultur der vermeintlich aufgeklärten Moderne geprägt so viel epochaler Anfang war nie. Ob in der Philosophie, der Literatur oder der Kunst, die Romantik war eine wunderbare Neuaneignung unseres Welt- und Selbstverständnisses.
Die romantische Idee hat aber eine nachtschwarze Seele und erst die SCHWARZE ROMANTIK leuchtet ihre Abgründe aus, die andere Seite der Vernunft: Lüste, Wahn und andere finstere Zwänge verdunkeln die leuchtende Utopie vom besseren Menschen.
Die Nachtmeerfahrten unternehmen literarisch-anthologische Erkundungen, entführen in die schillernde, schwarzromantische Bild- und Symbolsprache uns scheinbar vertrauter und berühmter Autoren, die wir neu entdecken, neu lesen lernen können: Tieck, Hoffmann oder Hauff, Gautier, Byron, Shelley und Stoker, Poe oder Kubin die Liste, illustriert mit Werken aus der bildenden Kunst, ist lang.
Simone Stölzel, geboren 1965, lebt als promovierte Kulturwissenschaftlerin und Publizistin in Berlin. Sie veröffentlichte u.a. zu Valenciennes, Cioran und Maugham, aus dessen Werken sie auch übersetzt hat. Zuletzt erschien mit Thomas Stölzel »W. Somerset Maugham, Leben und Werk« (2010); 2012 erschien »Unendliche Weiten, Lösungsorientiert denken mit Captain Kirk, Mr. Spock und Dr. McCoy«.
Buchgestalterin: Cosima Schneider
AB Die Andere Bibliothek 2013, AB 339, 245 S.
»Eine detektivische Polyphonie«
Hans Ulrich Obrist
Im Museum begegnen uns solche Werke »Ohne Titel«. O. T. ist das literarische Werk einer Bildenden Künstlerin, wie wir es bisher nicht kennen kein einziges Wort stammt von der Autorin selbst. Sie ist Sammlerin von Sätzen. U. D. Bauer rühmt sich nicht, ein großes Buch selbständig verfasst zu haben. O. T. ist ein Roman ohne Autor.
»Mich gibt es gar nicht.«
O. T. ist zusammengesetzt wie ein Mosaik aus 2857 Zitaten der Welt- und Trivialliteratur, und die Liste der Zitierten reicht von der Klassik bis in die Gegenwart. Gleichwohl entsteht überraschenderweise aus Fundstücken und Aufgespürtem eine vielstimmige und rasant geschnittene Erzählung, und wir erkennen alle klassischen Romanthemen einer Familiengeschichte: Dreiecksbeziehungen, Betrug, Totschlag, Inzest, romantische Sonnenaufgänge und einsames Verzweifeln am Schreibtisch. O. T. stellt eine alte Frage, die gegenwärtige Literatur im Zeitalter von copy-and-paste immer wieder beschäftigt: Was ist Original? Was ist Fälschung?
»U.D. Bauer reiht in ihrem Romandebüt wie in einem komplexen Sudoku Zitat an Zitat und schneidet die Welt in fast dreitausend Ebenen. O. T. begegnet der Willkür unserer digitalen Welt mit der robusten Verbindlichkeit der Literatur. Ein Glücksfall!«
Alexander Kluge
U. D. Bauer wurde in Allenstein geboren. Nach dem Studium an der Fachhochschule für Gestaltung in Kiel arbeitete sie als Freie Künsterlerin und Kunsterzieherin in Kiel und Berlin. Seit 1987 lebt und arbeitet sie in Berlin.
Buchgestalter: Cornelia Feyll und Friedrich Forssman
AB Die Andere Bibliothek 2013, AB 340, 469 S.
»Parallel zur grossen Welt, in der grosse Menschen und grosse Dinge leben, existiert die kleine Welt mit kleinen Menschen und kleinen Dingen«
Ilf und Petrow waren literarische Starsatiriker der jungen Sowjetunion unter Stalin. Dass ihr Werk hat erscheinen können, wirkt wie ein Wunder. Vielleicht wurde gerade deshalb Das goldene Kalb oder die Jagd nach der Million zum Kultbuch.
Es erzählt von den Irrwegen des ersten Fünfjahresplans und lässt die Sowjetmacht als eine gigantische Farce erscheinen. Grandiose Gauner sind auf den Spuren eines Millionärs, der sein Vermögen illegal erworben hat und sich hinter der Fassade des treuen Bürgers und Buchhalters seines Betriebskollektivs verbirgt. Seine komödiantische Enttarnung wird zur wahnwitzigen Reise durch die Alltagswelt der Bürokraten und Kleinbürger.
Ostap Bender als Romanheld ist »der große Kombinator«, der Kopf einer Bande skurriler Existenzen, die sich als Söhne eines Revolutionshelden das Leben schmarotzend erschwindeln. Er eignet sich das Vermögen an, doch was macht man in der Sowjetunion damit?
Wie in einem Schelmenroman wird ein Blick auf die damalige Sowjetunion geworfen, eine Satire über die Sowjetgesellschaft mit Wortwitz und trockener Situationskomik...
Ilja Ilf (1897-1937) und Jewgeni Petrow (1903-1942) [oder Il'ja Arnol'dovič Il'f und Evgenij Petrovič Petrov] arbeiteten in den zwanziger Jahren zusammen mit Michail Bulgakow und Juri Olescha für satirische Zeitungen. Mit den beiden Romanen Zwölf Stühle (1928) und Das Goldene Kalb (1931), wurden sie zu den meistgelesenen Autoren ihrer Zeit in der Sowjetunion…
Ostap Bender, dem Romanhelden von Das goldene Kalb, wurde in Odessa, der Heimatstadt des Autorenduos, ein Denkmal gesetzt.
In der Anderen Bibliothek erschien bereits 2011 »Das eingeschossige Amerika« (AB 320/321), ihre literarische Tour durch die Vereinigten Staaten in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts, die unvergessen ist. Kolakolamsk und andere unglaubliche Geschichten erschien 2015 als 371. Band der Anderen Bibliothek.
AB Die Andere Bibliothek 2013, AB 341, 284 S.
OT: Dublinesca (2010)
Eine inspirierende Reise durch die Literatur mit einer Verbeugung des brillanten spanischen Sprachkünstlers Vila-Matas vor den Autoren, die er verehrt.
»Die Verleger, die noch lesen und sich immer schon zur Literatur hingezogen fühlten, sterben allmählich und kaum wahrnehmbar aus.«
Mit Samuel Riba, genannt: Riba, geht eine Ära dem Ende entgegen. Sein Leben war die Literatur, seine Biographie bestand aus Büchern. Dieser obsessive, in die Jahre und vom Alkohol gerade weggekommene Mann in Barcelona, ist melancholisches Opfer der eigenen Literaturverrücktheit: Er träumt von Dublin, dort will er den Feiertag »Bloomsday« begehen, den 16. Juni, den Tag, der mit James Joyce in die Weltliteratur eingegangen ist. Dessen Roman »Ulysses« ist zum dublinesken Roman schlechthin geworden. Für Riba, den sympathischen Verwandten von Leopold Bloom, ist »Ulysses« der leuchtende Stern in der Gutenberg-Galaxie. Ein tragikkomischer Verleger phantasiert sein Ende, die Bestattung von Buch und Literatur im digitalen Zeitalter und findet, in Dublin angekommen, eine Lebenszukunft.
Dublinesk ist ein wundersames Romankaleidoskop, eine inspirierende Reise durch die Literatur mit der Verbeugung des brillant-witzigen Sprachspielers Vila-Matas vor den Autoren, die er verehrt. Dublinesk birgt einen Schatz an literarischen Anspielungen und ist ebenso eine große Hommage an James Joyce und Dublin.
Enrique Vila-Matas ist 1948 in Barcelona geboren, wo er auch lebt. Nach dem Studium arbeitete er als Filmjournalist und verbrachte einige Jahre in Paris; er ist einer der bekanntesten spanischen Autoren.
Seit 1973 umfasst sein Werk zahlreiche Romane, Erzählungen und Essays, darunter Bartleby & Co (2001), Risiken und Nebenwirkungen (2004), Paris hat kein Ende (2005) oder Doktor Pasavento (2007).
AB – Die Andere Bibliothek 2013, AB 342, 543 S.
»Das stimmt ja nicht, schau mich doch an!«
Das ruft nicht nur das Schöne, das rufen nicht nur die Steine, der Weidenbusch und der Fluss. Das ruft dieses ganze Buch, das ein großer Solitär in der deutschen Literatur ist und allein schon mit seiner Schönheit und mit seinem heiteren So-sein-Wollen und mit seinem Eros unserer abgewetzten, armen Welt ins Gesicht lacht.
Stefan Ripplinger
Weder Roman noch Essay, ist Nicht Eins und Doch eine große meditative Spekulation, gefügt aus Tausenden von nachgelassenen Blättern. Der »Naturgänger« Christian Enzensberger, der auch als Anglist, Essayist und Übersetzer zeitlebens zu faszinieren wusste, denkt nach, was Menschsein heißen kann in sinnlich-berührendem Umgang mit der Natur – am Leitfaden des Leibes, dem lebendigen Stoff. Der wird diesem im Buch der Natur lesenden Spaziergänger zum Maß des Menschen.
Nicht Eins und Doch trägt Einspruch und Beharren schon im Titel. Dieser literarische Monolith nähert sich in langer philosophierender Tradition, anschaulich denkend und spürend, einer »Sprache der Natur« in hingebungsvoll-dramatischer Zwiesprache mit allem Nahen und scheinbar Nichtigen. Aus solcher Betrachtung erwächst uns Lesern lustvolle Belehrung.
Christian Enzensberger, geboren 1931 in Nürnberg und gestorben 2009, wurde bekannt durch Größerer Versuch über den Schmerz (1968) und Literatur und Interesse. Eine politische Ästhetik (1977), außerdem durch seine Übertragungen von Lewis Carrolls Alice im Wunderland und Alice hinter den Spiegeln (1963).
Christan Enzensberger Roman Was ist Was erschien als Band 33 im Jahr 1987 in der Anderen Bibliothek.
Buchgestalterin: Cornelia Franck
AB Die Andere Bibliothek 2013, AB 343, 369 S.
OT: Enemies of the People. My Family's Journey to America (2009)
»Sie öffnen die Büchse der Pandora«, wurde Kati Marton gewarnt, als sie Einsicht in die geheimpolizeilichen Akten über ihre Familie in Budapest beantragte.
Kati Martons Eltern entstammten der Welt des untergegangenen jüdisch-ungarischen Großbürgertums. Die Familiengeschichte, sowohl während der Nazizeit als auch unter den Kommunisten, barg viele Rätsel. Erst die Geheimakten enthüllten Kati Marton viele Wahrheiten: geheime Liebesaffären, Verrat, Folter und neben erstaunlichem Mut tiefe familiäre Liebe.
Kati Marton, seit langem eine bekannte amerikanische Journalistin und Autorin von Die Flucht der Genies: Neun ungarische Juden verändern die Welt (AB – Band 303), macht sich in ihrer dramatischen Biographie auf die Suche nach ihren Eltern.
Volksfeinde erzählt von der Sowjetisierung Ungarns, demokratischen Hoffnungen und der tragischen Revolution von 1956, von der Verhaftung erst des Vaters und dann der Mutter, den Schauprozessen, der Verurteilung und schließlich der Ausreise - sowie vom triumphalen Neuanfang in den Vereinigten Staaten.
Aber Kati Marton enthüllt auch: In dem geheimen Kalten Krieg zwischen Washington und Moskau waren sie, die Schwester und die Eltern nur Schachfiguren in einem größeren Spiel.
Kati Marton wurde 1949 in Budapest geboren und entkam 1957 mit den Eltern und der Schwester in die USA. Sie arbeitete als Nachrichtenkorrespondentin bei NPR und ABC News und als Autorin. In der Anderen Bibliothek erschien 2010 Band 303 – Die Flucht der Genies: Neun ungarische Juden verändern die Welt. Kati Marton lebt in New York.
Buchgestalter: Erik Spiekermann
AB Die Andere Bibliothek 2013, AB 344, 547 S.
OT: Let us now praise famous men (1941)
Ein kolossaler Klassiker der amerikanischen Literatur. Ein politisches Dokument, ein poetischer Traktat und das künstlerische Zeugnis einer Epoche.
Im Sommer 1936, in den Jahren der »Großen Depression«, waren der 27-jährige Dichterjournalist James Agee und der Fotograf Walker Evans in den amerikanischen Süden gereist, um in Oklahoma und Alabama die Baumwoll-Pachtwirtschaft zu dokumentieren: Aus dem Reportageauftrag einer Zeitschrift entstand ein erst 1941 veröffentlichtes Werk: Preisen will ich die großen Männer, das von der New York Library zu den einflussreichsten Buchdokumenten des 20. Jahrhunderts gezählt wird.
Mehrere Wochen lebten James Agee und Walker Evans mit drei ausgewählten weißen Pächterfamilien zusammen und teilten deren erbarmungslos elenden Alltag und eine kaum vorstellbare Armut, die Bedrohung durch Hunger und Vertreibung. Die schockierende Konfrontation mit diesen Lebensverhältnissen löste auch die Einsicht in die Unmöglichkeit einer herkömmlichen Berichterstattung aus.
James Rufus Agee, wurde 1909 in Knoxville/Tennessee geboren. In den 40er-Jahren galt er als einer der bedeutendsten Filmkritiker in den USA. Unter seinen literarischen Werken wurde neben Let us now praise famous men der 1957 veröffentlichte und posthum mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Roman A Death in the Family. James Agee verfasste u.a. auch die Drehbücher zu den Filmklassikern African Queen und Die Nacht des Jägers. James Agee starb 1955 in New York.
Walker Evans wurde 1903 in St. Louis/Missouri geboren. Nach dem Literaturstudium arbeitete er als Fotokünstler und für die staatliche Farm Security Administration als Fotograf für eine Dokumentation über verarmte Pächterfamilien in Alabama. Er lehrte, ab 1965 als Professor, an der Yale University in New Haven. Walker Evans starb 1975.
aus dem Nachwort von Joachim Sartorius:
»Heute gehört dieses Buch zum Bildungskanon eines jeden nordamerikanischen Intellektuellen. Es wird in den USA auf eine Stufe gestellt mit dem Besten von Hawthorne, Melville und Thoreau.«
Hier ergänzend noch ein Link zu einem Artikel der New York Times über Agees »Cotton Tenants: Three Families« und einer kurzen Fotoserie von Walker Evans.
AB Die Andere Bibliothek 2013, AB 345, 499 S.
»Der Gehalt der Literatur ist ihm die Welt«
Bei Marko Martin kommen die Melancholiker wie die Optimisten zu ihrem Recht, die politisch wie die erotisch Neugierigen, die Bücher verschlingenden Romantiker ebenso wie die erlebnishungrigen Welt-und Köper-Vagabunden.
In den erotischen Geständnissen einer Nacht können sich Marko Martin Welten eröffnen, die ansonsten verborgen bleiben: die düsteren Geheimnisse einer lateinamerikanischen Oberschichtenfamilie in San Salvador oder die Lüste und Ängste einer syrischen Jeunesse dorée im Schatten der Assad-Diktatur.
Marko Martins Fahrtenbuch erzählt auf menschenfischenden Reiserouten mit unerschöpflicher Neugier von der subversiven Kraft des Sexus. Seine Wegmarken sind Orte der Welt mit politischem Hintergrund – Damaskus, Laos, Birma, Bangkok oder Brasilien, Nicaragua oder Chile, Danzig, Kapstadt oder Tel Aviv.
Marko Martin erzählt in "Die Nacht von San Salvador" zugleich heiter-komisch eine Liebesgeschichte, die sich mit Witz und Ironie ausweitet zu einem Gespräch mit den Freunden im Leben und in der Literatur. Sein Fahrtenbuch entpuppt sich als ein großer Entwicklungsroman in Episoden.
Marko Martin wurde 1970 in Burgstädt/Sachsen geboren und lebt und arbeitet wenn er nicht auf Reisen ist als Schriftsteller und Publizist in Berlin. In der Anderen Bibliothek erschienen von ihm als Band 298 die Erzählungen "Schlafende Hunde".
Buchgestalter: Michael Wörgötter
AB Die Andere Bibliothek 2013, AB 346, 335 S.
OT: Isles of Illusion. Letters from the South Seas (1923)
»Ich komme immer mehr zu der Überzeugung, daß es angenehmer ist, am Kaminfeuer zu reisen, als in der Wirklichkeit.«
Der Schotte Robert James Fletcher ist der Lockung der Südsee gefolgt wie schon viele andere vor ihm. 1912 trifft der Paradiessucher auf den Neuen Hebriden ein und schreibt Briefe an einen Freund, die ohne sein Wissen und anonym 1923 in London veröffentlicht werden: der große Bucherfolg eines angeblich in der Südsee Verlorengegangenen.
Die Südsee lässt Robert James Fletcher nicht mehr los, obgleich er nur eine vom Kolonialismus verheerte Ferne fand, ruiniert von Händlern, Siedlern und Missionaren; dazu Mücken und Malaria. Aber Fletcher ist als Reisender und Ästhet gekommen, nicht als Geschäftemacher – das verleiht ihm Distanz. Sie schlägt sich in seinen Briefen nieder als Schärfe, fesselnde Authentizität und schonungsloser Sarkasmus.
Das hält die Briefprosa von Robert James Fletcher so frisch und macht sie bis heute lesenswert.
»Inseln der Illusion ist ein ungewöhnlich menschliches Buch, und solche Bücher haben eine Schwimmkraft, die dafür sorgt, dass sie immer wieder auftauchen und geduldigen Beobachtern, die an den Ufern des Stromes stehen, in den Blick geraten.«
James Norman Hall 1929
Robert James Fletcher wurde 1877 in Schottland geboren, studierte Medizin und Chemie, wurde Lehrer und verließ die »alte Welt«, um von 1912 bis 1920 auf den Neuen Hebriden zu leben: aus dieser Zeit stammen die Briefe, die er an seinen Studienfreund Bohun Lynch schrieb – und die dieser 1923 veröffentlichte. Lange Zeit galt Robert James Fletcher verschollen – tatsächlich kehrte er 1930 nach England zurück, wo er 1965 starb.
Buchgestalterin: Katja von Ruville
AB Die Andere Bibliothek 2013, AB 347, 675 S.
»Wer den Gens'darmenmarkt und Madame Herz nicht gesehen hat, der hat Berlin nicht gesehen…«
Der literarische Salon der Henriette Herz ist zu einem berühmten Ort der deutschen Literatur- und Geistesgeschichte geworden:
Wir begegnen Jean Paul, Karl Philipp Moritz, Chamisso oder den Brüdern Humboldt, Mendelssohn oder Mirabeau, Madame de Staël sowie den Schlegels, Goethe und Schiller; der junge Börne war ein leidenschaftlicher Verehrer und Friedrich Schleiermacher ihr über Jahre eng verbunden.
Diese neu edierten Erinnerungen der Henriette Herz vereinen sich zusammen mit Briefen, Zeugnissen und vielen Bildnissen zu einem einzigartigen lebendigen Panorama der Epoche zwischen Aufklärung und Romantik, dem Biedermeier und der Zeit des Vormärz.
Das Buch enthält aus Aufzeichnungen von Henriette Herz Texte der Erinnerung, die Briefauswahl fokussiert auf wesentliche Ereignisse und vielfältige wichtige Begegnungen und die Zeugnisse sind Augenzeugenberichte. Enthalten sind außerdem umfangreiche Anmerkungen, ein Personenverzeichnis sowie ein Nachwort.
Henriette Herz, 1764 geboren, lebte in Berlin, wo sie einen der wichtigsten und bekanntesten literarischen Salons führte, vor allem zwischen 1780 und 1803. In eben diesem Jahr, 1803, verstarb ihr Mann, so daß sie sich umorientieren mußte und sich einige weitere Jahre dem Kreis um Rahel Varnhagen anschloß. Sie starb 1847 in Berlin.
Henriette Herz: einer Heroine der jüdischen und der Frauenemanzipation zum 250. Geburtstag am 5. September 2014.
AB Die Andere Bibliothek 2013, AB 348, 459 S.
»Londres ist ein Reporter und nichts als das: keine langatmigen Untersuchungen, keine exakten Dokumente, sondern: Wo ist etwas los? Ich will dabei sein! Ihr werdet lesen.«
Kurt Tucholsky
Die Zeilen vom 19. September 1914 um sieben Uhr fünfundzwanzig am Morgen machten ihn berühmt: »Sie bombardierten Reims, und wir haben es gesehen! … Wir blickten auf die Kathedrale. Zehn Minuten später sahen wir den ersten Stein fallen.«
So begann die Karriere des rastlosen Reporters Albert Londres, zunächst als französischer Frontberichterstatter dann wird aus dem Vorläufer des modernen »Investigationsjournalismus« der bekannteste »grand reporter« der zwanziger Jahre im Nachbarland. Egon Erwin Kisch wird ihn später ehrend neben John Reed und Arthur Holitscher stellen. Albert Londres ist der Richard Kapuściński seiner Jahre.
Er berichtet über die Hölle der Straflager in Französisch-Guayana oder in Nordafrika und provoziert Skandale. Er schreibt aus dem Innenleben von Irrenanstalten, über den Handel mit Prostituierten nach Buenos Aires oder die Ausbeutung in Schwarzafrika.
Die Andere Bibliothek stellt in der Tradition ihrer Reisereportagen als »Reporter und nichts als das« drei von Albert Londres’ Büchern vor: China aus den Fugen von 1922 erzählt aus einem verrückt-pittoresk geschilderten Alltagschina zwischen Peking und Kanton von Kriegsherren, Gangstern, Bürgerkriegen und Drogen. Auf dem Gipfel seines Ruhms unternimmt Londres 1929 in Ahasver ist angekommen eine Reise zu den Juden in Mitteleuropa und in Palästina. Nach dieser prophetischen Zustandsbeschreibung wendet er sich 1931 in Perlenfischer arabischen Ländern zu reist am berühmten Horn von Afrika, zwischen dem Golf von Aden und dem Golf von Oman.
Albert Londres (1884-1932) war der Reporter-Star seiner Zeit. Seine bildhaft-unmittelbaren und persönlichen Reportagen werden zur literarischen Kunstform, in Frankreich zu Buchereignissen und Bestsellern. In Deutschland ist Albert Londres bis heute wenig übersetzt, geschweige denn bekannt.