AB - Die Andere Bibliothek 2018


Ricarda Huch: Die Romantik
Burkhard Müller, Thomas Steinfeld: Deutsche Grenzen
Klaus-Jürgen Liedtke: Nachkrieg und Die Trümmer von Ostpreußen
Apuleius: Metamorphosen oder Der goldne Esel (Band 400)
Iso Camartin: Die Kunst des Lobens
Essad Bey: Öl und Blut im Orient
Die Morgendämmerung der Worte: Moderner Poesie-Atlas der Roma und Sinti
Gabriela Adameşteanu: Der verlorene Morgen
Friedrich Luft: Über die Berliner Luft
Jules Verne: Die Jangada
Daniel Defoe: Der Consolidator
Jean Giono: Ein Mensch allein



Ricarda Huch:
Die Romantik. Blütezeit, Ausbreitung und Verfall

Mit einem Nachwort von Tilman Spreckelsen

AB – Die Andere Bibliothek 2018, AB 397, 729 S.

Dem Werk der fast vergessenen Dichterin und Denkerin Ricarda Huch (1864-1947) verdanken wir unser modernes Verständnis der Romantik.

Ihre Bücher über »Blütezeit« und »Ausbreitung und Verfall« der Romantik, die wir in unserer Anderen Bibliothek in einem Band präsentieren, sind bahnbrechende kultur­geschichtliche Studien: »Der romantische Organismus« wird in seiner schillernden Vielgestaltigkeit noch einmal zum Leuchten gebracht.

In einer die Disziplinen umgreifenden Manier porträtiert Ricarda Huch nicht nur die Dichter und Künstler, sondern auch die frühen Naturwissenschaftler, Mediziner, Theologen und Politiker. Besonders nahe waren Ricarda Huch auch die vernach­lässigten Figuren der romantischen Epoche: die Frauen, Freundinnen und Gefährtinnen. So entsteht im glänzenden und klaren Stil der Ricarda Huch die Biographie einer Idee - bereichert mit einem Nachwort von Tilman Spreckelsen.

Buchgestaltung: Joe Villion



Burkhard Müller und Thomas Steinfeld:
Deutsche Grenzen. Reisen durch die Mitte Europas

AB – Die Andere Bibliothek 2018, AB 398, 337 S.

Elf Reisen haben Burkhard Müller und Thomas Steinfeld unternommen, um deutsche Grenzen zu erkunden und anschaulich von der Fülle ihrer Funde zu erzählen.

Sie entdecken Grenzen überall: in den großen naturräumlichen Gliederungen und in Sprachräumen, am Rhein, im Raum der Donau, am Achsenstrom Elbe, in Berlin oder in unterfränkischen Ortschaften, die halb katholisch und halb protestantisch sind. Sie stoßen auf den alten römischen Limes oder die Grenze des Kalten Krieges, und die aktuellen territorialen Grenzen führen auf die historischen Grenzen, die zwischen Maas im Westen und Memel im Osten, zwischen Belt im Norden und Etsch im Süden liegen.

Burkhard Müller und Thomas Steinfeld versuchen bei ihrer Entdeckungsreise die Geschichte dessen zu verstehen, was sie sehen. Durch die Tiefe der Zeit hindurch wird das heute wieder aktuelle Thema der Grenzen überraschend neu beleuchtet.

Buchgestaltung: Bernd Kuchenbeiser



Klaus-Jürgen Liedtke:
Nachkrieg und Die Trümmer von Ostpreussen

AB – Die Andere Bibliothek 2018, AB 399, 413 S.

Krieg, Flucht, Vertreibung, Ostpreußen und Westdeutschland – "Nachkrieg" ist ein anderes "Echolot" deutscher Geschichte.

"Nachkrieg" ist ein Roman, der sich aus den Resten einer unterge­gang­enen Welt, eines Dorfes, einer Landschaft zusammensetzt, gefunden von einem Stimmensammler auf verschlungenen Spuren, einem Protokollanten des Vergangenen.

Klaus-Jürgen Liedtke erzählt von seiner Kindheit in der Nachkriegszeit in Westdeutschland als Sohn Vertriebener. Im weit verzweigten Familiennetzwerk ist Ostpreußen und das Dorf Kermuschienen stets präsent. So wächst er mit Erinnerungen an eine Heimat auf, die er selbst nicht kennt.

Wie in einem Mosaik setzt er die fremden Erinnerungen zusammen, sammelt Geschichten und Bilder. Aus Tagebuchaufzeichnungen zweier Onkel, die bei Kriegsende umkamen, aus Briefen, Erzählungen, Reisenotizen und essayistischen Reflexionen ergibt sich ein detailgenaues Panorama. Es ist seine Geschichte im Kleinstformat: „Ich komme aus diesen Trümmern.“

Buchgestaltung: Lars Hammer


Im April 2018 gibt es ein Jubiläum zu feiern: eine runde Zahl, Band Nummer 400 in der Anderen Bibliothek. Herzlichen Glückwünsch !!

Apuleius: Metamorphosen oder Der goldne Esel

Mit einem Vorwort von Stefan Stirnemann

AB – Die Andere Bibliothek 2018, AB 400, 368 S.

»Ich will dir, lieber Leser, in diesem milesischen Märchen allerhand lustige Schwänke erzählen, welche deine Ohren auf das angenehmste kitzeln sollen...«

Voll übersprühender Lust an der Sprache und mit komödiantischer Ironie erzählt Apuleius uns Lesern (und am besten Zuhörern) von einem nach übernatürlichen Wundern begierigen jungen Mann. In einen Esel mit Menschenverstand verwandelt, wird dieser Lucius in grauem Fell die Welt auf abenteuerliche und grotesk-komische Weise neu kennenlernen. Geschichte um Geschichte erlebt er die verwunderlichen Beziehungen der Menschen untereinander, bis er endlich erlöst wird.

Unter den vielen Liebes-, Gauner- und Schelmengeschichten, die Apuleius in die Rahmenerzählung einflicht, ist die berühmteste das Märchen von »Amor und Psyche«.

Apuleius, um 125 unserer Zeitrechnung in der nordafrikanischen Provinz des Römischen Reiches geboren, verfasste mit »Metamorphosen oder der Goldne Esel« den einzigen vollständig überlieferten lateinischen Roman der Antike.

Buchgestaltung: Manja Hellpap



400 Bände der Anderen Bibliothek !
Zu diesem Jubiläum erscheint zeitgleich:

Wilhelm Haefs / Rainer Schmitz:
Die Chronik der Anderen Bibliothek

AB – Die Andere Bibliothek 2018, Sonderband, 335 S.

Im April 2018 erschien der 400. Band der Anderen Bibliothek – Anlass, auf 33 Jahre Verlagsgeschichte und 400 Bände zurückzublicken

Im Januar 1985 haben Hans Magnus Enzensberger und der Verleger und Buchgestalter Franz Greno Die Andere Bibliothek aus der Taufe gehoben. Seitdem ist bis heute Monat für Monat ein neuer, individuell gestalteter Band erschienen.

Die Münchner Literaturwissenschaftler und Publizisten Wilhelm Haefs und Rainer Schmitz haben die historisch-dokumentarische Chronik der Buchreihe in den Verlagen Greno (Nördlingen), Eichborn (Frankfurt am Main) und schließlich als eigenständiger Verlag AB – Die Andere Bibliothek unter dem Dach der Aufbau-Gruppe in Berlin erarbeitet. Ausgewertet werden neben gedruckten Quellen auch zahlreiche unveröffentlichte und bislang unbekannte oder an entlegener Stelle publizierte Dokumente sowie Gespräche mit Zeitzeugen. Unsere Chronik ordnet die Verlagsgeschichte, beschreibt die Buchgestaltungskunst der Anderen Bibliothek und unterzieht alle 400 Bände einer »Autopsie«.

Und was der Sammler sich schon immer wünscht – hier findet er es. Dargestellt und analysiert werden die Ausstattung und Typografie, die Einbandgestaltung und das verwendete Papier, die Entwicklung vom Umleger zur Buchschlaufe, der Schritt vom Buch zum Offsetdruck. Erfasst werden Schriften und Papiere, Druckereien und Bindereien, Autoren, Übersetzer, Gestalter und vieles mehr.



Iso Camartin: Die Kunst des Lobens

Zur Rhetorik der Lobrede

AB – Die Andere Bibliothek 2018, AB 401, 325 S.

Die öffentliche Redekunst ist der Gegenwart abhandengekommen – die Kunst des Lobens erst recht.

Die Lobrede hat eine bis in die Antike zurückreichende Tradition. Die Griechen entwickelten eine "Rhetorik der Lobrede", entwickelte Platon, bei Aristoteles erhielt sie ihre höchste Ausbildung. Cicero, die Rhetoriker des Mittelalters, Erasmus von Rotterdam, Shakespeare oder die französischen Enzyklopädisten setzten die Tradition fort.

Iso Camartin knüpft an solche "Lobredner" an, stellt ihre Rhetorik dar, empfiehlt sie uns zur Nachahmung und wendet sie an – in schönster Eloquenz. Er ist ein Meister der geistvoll gelehrten und vergnüglichen Eloge.

Unter den geehrten Lyrikern, Erzählern, Gelehrten, Essayisten und Künstlern finden sich Hilde Domin, Durs Grünbein, Adolf Muschg, Martin Walser, Urs Widmer, Octavio Paz, Peter von Matt, Roberto Calasso, Wolf Lepenies, Peter Wapnewski, Franz Schuh, Nike Wagner, Luc Bondy, Siegfried Unseld, Daniel Keel und viele andere – ein Geistesspektrum.

„Nur jene Lobreden taugen etwas, die unter den Anwesenden ein Glücksgefühl des Begreifens und des Einfühlens verbreiten. Ohne diesen ansteckenden Enthusiasmus wird jede Feierstunde zum Ritual, das nichts als absehbare und langweilige Konvention verströmt.“ – Iso Camartin

Buchgestaltung: Neeser & Müller, Basel



Essad Bey: Öl und Blut im Orient

Mit einem Nachwort zum Leben von Essad Bey von Sebastian Januszewski und einem Essay von Marko Martin

AB – Die Andere Bibliothek 2018, AB 402, 357 S.

Der autobiografische Bericht von einem Mann voller Rätsel – von einem Juden aus Baku am Kaspischen Meer, der zum Muslim wurde. Essad Bey war zu seiner Zeit ein weltbekannter Orientexperte und faszinierend-schillernder Bestsellerautor.

Aiserbaidschan und die Region am Kaspischen Meer – seit dem Ölrausch Mitte des 19. Jahrhunderts im Fokus globaler Interessen, strategisches Spielfeld kolonialen Strebens und klandestines Ziel von Hitlers imperialen Plänen im Osten.

Essad Beys »autobiografischer« Bericht führt in die Zeit um den Ersten Weltkrieg und präsentiert die lokalen Akteure, die ersten Ölmillionäre, ethnische, religiöse und politische Konflikte zwischen Aserbaidschanern, Armeniern und Persern, Bolschewisten und Monarchisten, Christen, Juden und Muslimen rund um die erste Rohbenzin-, die »Naphtha«-Industrie. Vor dem Hintergrund einer Weltgeschichte, die sich in den wenigen Straßen, Pfaden, Hütten und Palästen der explosionsartig wachsenden Stadt Baku abspielt, schildert Essad Bey seine eigene Kindheit und Jugend als Sohn eines Ölbarons.

Wurde die Glaubwürdigkeit der autobiografischen Details zurecht angezweifelt, lässt sich an der Eindrücklichkeit des Berichts noch die bis in die Gegenwart aktuelle Gemengelage an einer der erdölreichsten Regionen der Erde verstehen. Essad Beys Bericht verfügt über eine Authentizität, wie sie nur die Literatur auszeichnet.

Buchgestaltung: Hannes Aechter



Wilfried Ihrig und Ulrich Janetzki:
Die Morgendämmerung der Worte.
Moderner Poesie-Atlas der Roma und Sinti

AB – Die Andere Bibliothek 2018, AB 403, 393 S.

Abwehr, Ausgrenzung und Verfolgung - bis zur Vernichtung in den Jahren des Nationalsozialismus - charakterisieren das Verhältnis zu den Rom-Völkern seit ihrer Ankunft um 1400 in Europa.

Erst spät ist aus einer mündlichen Kultur eine eigene Literatur entstanden. Dieser moderne Poesie-Atlas der Roma und Sinti betritt Neuland.

Es ist der Ertrag einer jahrelangen Suche in den Antiquariaten und Bibliotheken Europas, das Ergebnis einer literaturwissenschaftlichen Forschung an den Quellen: Die Poesie der Roma und Sinti, Lovara, Kalderasch, Gitanos, Gypsies, Travellers oder Jenischen. Nie zuvor wurde die Vielfalt einer schwer zu fassenden Literatur so umfassend dargestellt. Die Anthologie nimmt nicht nur jene lyrischen Selbstzeugnisse auf, die in einer der Varianten von Romanes oder Romani verfasst worden sind, sondern auch Gedichte, die aus etwa 20 Sprachen ins Deutsche übertragen wurden, viele davon zum ersten Mal.

Fern von jeder Reisewagen-Folklore und »Zigeuner«-Romantik, aber auch ohne den Versuch, eine Leidensgeschichte zu schreiben, kommen hier die Stimmen unterschiedlichster Poeten zu Wort, die vor allem die Zugehörigkeit zu der größten europäischen Minderheit teilen. Ihre Gedichte erzählen Geschichten von Vertreibung, Ankommen und Melancholie, Sehnsucht und Heimweh, sie erzählen – häufig voller Komik – über die Unwegsamkeiten des Alltags, von den Labyrinthen der Bürokratie, von Ablehnung, Angst und Hass, es sind Verse über die Natur, über Pferde, Sterne und natürlich die Liebe.

Buchgestaltung: Jenna Gesse



Gabriela Adameşteanu: Verlorener Morgen

Aus dem Rumänischen übersetzt von Eva Ruth Wemme

OT: Dimineaţă pierdută (1983)
AB – Die Andere Bibliothek 2018, AB 404, 561 S.

Der Roman »Verlorener Morgen« umfasst bewegte Zeiten, seine Handlung deckt das gesamte »kurze« 20. Jahrhundert ab. Seine Stimmen tragen durch die Jahrzehnte: Es entsteht eine panoramatische Geschichte eines ganzen Landes, gespiegelt in den Erlebnissen von Menschen aus allen Gesellschaftsschichten. Von der Gossensprache über die Rhetorik der Staatspropaganda bis zu den Resten einer vergangenen Bildungsbürgerlichkeit, von Bewusstseinsströmen bis zu brillanten Dialogen zieht Gabriela Adameşteanu alle Sprachregister.

»Verlorener Morgen« ist ein Roman der Frauen und ein Roman des Alterns, in dem das Glück der Vergangenheit von Anfang an unter dem Unstern des persönlichen Scheiterns und der kollektiven Katastrophe des Krieges steht und an keinem Punkt ins Sentimentale oder Nostalgische abgleitet; vor allem aber ein Roman, der vom Leben und seinem Vergehen handelt.

Es ist ein Klassiker der rumänischen Romankunst, der nun erstmals ins Deutsche übertragen vorliegt. Ein Kaleidoskop unvergesslicher Figuren, Stimmen und Geschichten - von einer mitreißenden Melancholie.

Buchgestaltung: Carolin Rauen



Friedrich Luft: Über die Berliner Luft

Feuilletons

Versammelt und mit einem Nachwort versehen von Wilfried F. Schoeller

AB – Die Andere Bibliothek 2018, AB 405, 429 S.

In seinen Feuilletons schaute Friedrich Luft seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs bis zur deutschen Wiedervereinigung auf das Berlin der Sektoren, auf die geteilte Stadt und ihre Bewohner. Zugewandt und wohlwollend beobachtet der Theaterkritiker, der sich als wöchentliche »Stimme der Kritik« des RIAS unvergessbar gemacht hat, wie die Berliner angesichts von Verwüstung, Mangel und Bedrohung ihr eigentümlicher Witz nicht verlässt. In Berlin begegnet er »Sokrates beim Bier« und schreibt »Wider den Hochmut der Frühaufsteher«.

Doch sein Blick geht weiter, richtet sich auf die westliche Hemisphäre während des Kalten Krieges. Er bringt den vom Krieg Versehrten und Erschöpften 1946 erste Nachricht von dem wundersamen Leben der tüchtigen Amerikaner. Er telegraphiert aus Paris, berichtet von den Olympischen Spielen in London.

In seinen Prosaminiaturen lässt er das Panorama der ganzen Welt zu jener Zeit entstehen. Jede seiner Kolumnen und jeder Aufsatz spricht von der Liebenswürdigkeit des schlichten Menschen und vom Charme der Dinge des Alltags.

Friedrich Lufts Feuilletons sind zeitlos. Wilfried F. Schoeller hat sie aus fünf Jahrzehnten publizistischen Wirkens von Friedrich Luft gesammelt und ihnen ein einsichtsreiches Nachwort beigegeben.

Buchgestaltung: Kathleen Bernsdorf



Jules Verne: Die Jangada

800 Meilen auf dem Amazonas

OT: La Jangada. Huit cents lieues sur l'Amazone (1881)
AB – Die Andere Bibliothek 2018, AB 406, 429 S.

Unter den berühmten fantastischen Reiseromanen von Jules Verne ist »Die Jangada« nur einmal 1882 ins Deutsche übertragen worden und fast unbekannt geblieben. Nun ist »Die Jangada« erstmals vollständig mit sämtlichen 90 Abbildungen des französischen Originals in der Auflage ab 1901 wiederzu­entdecken.

Auf einem kunstvoll konstruierten riesigen Floß - auf dem seine Familie und viele Bewohner seiner peruanischen Plantage Platz finden - fährt Joam Garral Tausende Kilometer und über viele Monate den Amazonas hinunter und durch Brasilien abenteuerlich dem Atlantik entgegen.

Ein unheimlicher Passagier stößt dazu, der im Besitz eines Schriftstücks ist, eines Kryptogramms - nur wer den Schlüssel kennt, weiß es zu dechiffrieren. Es würde das Leben des irrtümlich zum Tode verurteilten Joam Garral retten und vor der drohenden Hinrichtung bewahren...

Jules Verne erkundet für uns den tropischen Regenwald und die Wunder des südamerikanischen Stroms - und das in ausschweifenden und fesselnden Schilderungen, als hätte er selbst schon einmal den Amazonas bereist.

»Die Jangada« wäre jedoch kein Roman von Jules Verne’scher Qualität, wäre das packende Abenteuer auf Leben und Tod nicht verbunden mit der Erkundung der tropischen Natur und der Wunder des südamerikanischen Stroms, die die Flussfahrer 800 Meilen auf dem Amazonas begleiten.

Buchgestaltung: Sarah Winter



Daniel Defoe: Der Consolidator
oder Erinnerungen an allerlei Vorgänge aus der Welt des Mondes

Aus dem Englischen übersetzt, mit Anmerkungen und einem Nachwort versehen von Rolf Schönlau

OT: The Consolidator or, Memoirs of Sundry Transactions from the World in the Moon (1705)
AB – Die Andere Bibliothek 2018, AB 407, 297 S.

Daniel Defoe, der berühmte Autor des Robinson Crusoe, veröffentlichte 1705, bereits vierzehn Jahre vor seinem Weltbestseller, seinen Roman Der Consolidator.

An der Epochenschwelle vom 17. zum 18. Jahrhundert, als das Empire auf dem Weg zur Weltmacht war, schrieb Daniel Defoe seinen Mondroman und erfüllte sich den Wunsch, endlich die lunare Welt zu bereisen und das außergewöhnliche Wissen der Mondbewohner zu erkunden.

Relaisstation für den Mondflug ist China. Die Mondzivilisation teilt ihre Technologie mit der ältesten Kultur auf der Erde. »Consolidator« heißt die Raumfähre, Defoe wird bequemerweise in Schlaf versetzt, am Ziel wacht er wieder auf.

»Der Mann, der vom Mond kommt«, wird der Erdenbewohner auf dem Mond genannt. Ein Reiseführer erklärt die lunare Welt, lauter Parallelen sind zu entdecken. Eine von vielen spektakulären Erfindungen ist ein »Devilscope«, mit dem man vom Mond aus die Erdendinge detailliert beobachten kann – mit der speziellen Eigenschaft, unsichtbare Phänomene sichtbar zu machen: Der klarsichtige Defoe hält vom Mond aus der Erde einen Spiegel vor und deckt die politischen und sozialen Missstände in England und Europa auf.

Der Erzähler unternimmt mehrere Mondflüge, bei einem letzten lernt er auch den »Elevator« kennen, »mit dem die Sinne in alle Extreme, die man sich vorstellen kann, erhoben werden, und der intelligente Wesen in die Lage versetzt, mit ihresgleichen, egal ob sie einen Körper haben oder nicht, zu kommunizieren«.

Buchgestaltung: Jim Kühnel



Jean Giono: Ein Mensch allein (Chroniken 1)

Aus dem Französischen von Caroline Vollmann, mit einem Essay von Wolfgang Matz zu Leben und Werk von Jean Giono

OT: Chroniques 1 - Un Roi sans Divertissement (1947)
AB – Die Andere Bibliothek 2018, AB 408, 284 S.

Jean Giono (1895-1970) hat einzigartige Meisterwerke der französischen Literatur seiner Epoche geschaffen. In Deutschland ist der große Unbekannte noch zu entdecken.

»Ein Mensch allein«, 1946 verfasst, ist das erste von Jean Gionos Werken nach dem Krieg: eine Art von Chronik, die bis ins 19. Jahr­hundert zurückgeht.

Berühmt wurde Giono mit Büchern, die das scheinbar ferne archaische Leben in der Haute-Provence beschworen haben, wo er seine Geburtsstadt Manosque zu einem Ort der Literatur gemacht hat.

Ein Bergdorf, dicht unter den Wolken und vom Schnee erstickt. Menschen verschwinden spurlos. Capitaine Langlois, ein ehemaliger Kolonialsoldat, richtet sich mit seinen sechs Gendarmen in einem Gasthaus ein und spürt den erahnten Verbrechen nach. Ein Baum, eine Buche, der »zitherspielende Apoll unter den Buchen«, birgt das Geheimnis. Langlois stellt den Mörder, er spricht das Urteil ohne Gericht – und er vollzieht es. Dann nimmt er seinen Abschied.

Aber er kehrt zurück als Major des Wolfsjagdkorps. Er spürt den Wölfen nach. Er möchte sich im Dorf einrichten, Teil der Gemeinschaft werden, er findet eine Frau. Aber er ist: ein Mensch allein. Hochmütig und abweisend. Nur vertraut mit Gewalt und mit dem Tod.

In dieser einsamen Bergwelt wird Langlois, von dessen Leben in einem vielstimmigen Bericht über die Zeiten hinweg und im Tonfall und der Tradition mündlicher Überlieferung erzählt wird, zur faszinierenden Gestalt. Seine Deutung aber überlässt uns Jean Giono.

Er zitiert Blaise Pascal, den Philosophen, den Mathematiker und Moralisten, im Titel des französischen Originals – »ein König ohne Vergnügen«. Das ist ein Mensch allein, ein Mensch voller Not?

Buchgestaltung: Sybille Dörfler


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