Stieg Larsson: Verblendung

Heyne 2006, 688 S.
(OT Män som hatar kvinnor, 2005)
Aus dem Schwedischen von Wiebke Kuhn

»Verblendung« ist der erste Teil der Trilogie. Danach folgen »Verdammnis« und als Abschluß »Vergebung«. Der erste Band ist in sich abgeschlossen, die Figuren werden eingeführt, insbesondere Mikael Blomkvist und Lisbeth Salander. Dagegen mußte ich nach Band zwei sofort den Dritten lesen, da dieser direkt einsetzt, wo der Zweite endete - ich wollte schon wissen, wie es aus- und weiter geht. Die Schwerpunktthemen sind jedes Mal etwas unterschiedlich. Im Zentrum des ersten Bandes steht eine Wirtschaftsgeschichte und ein grausames Familiengeheimnis, beim zweiten Band geht es scheinbar um Mädchenhandel und Prostitution, tatsächlich jedoch eher um Lisbeth, die Umstände ihrer unglaublichen Biographie und einige Morde. Der abschließende Band der Trilogie klärt dann die Hintergründe restlos auf. Dabei spielt der schwedische Geheimdienst nun die zentrale Rolle, polizeiliche Ermittlungen und natürlich wieder die journalistischen Ermittlungen rund um die Zeitschrift Milleninum und Mikael Blomkvist.

Aber nun zum ersten Band, Verblendung. Der Journalist Mikael Blomkvist, Mitherausgeber der Zeitschrift Millennium, recherchierte gegen den Industriellen Hans-Erik Wennerström, veröffentlicht, stolpert aber über eine Falle, die ihm gestellt wurde und wird zu einer dreimonatigen Gefängnisstrafe verurteilt. In dieser Situation kommt es ihm recht, eine zeitlang abzutauchen, auch aus Rücksicht auf seine Zeitschrift, die in eine Glaubwürdigkeitskrise zu geraten scheint. Die Möglichkeit dazu bietet Henrik Vanger, Leiter eines großen, alten Firmenimperiums in Schweden, der ihm anbietet seine Biographie zu schreiben, tatsächlich jedoch ihn bittet, sich um das Verschwinden seiner Großnichte vor vierzig Jahren zu kümmern. Nie hat ihn das losgelassen, doch eine Aufklärung gelang nie, wurde sie ermordet, entführt, ist sie aus der Familie geflohen - was geschah? Blomkvist nimmt das Angebot an, da ihm Material versprochen wird, Wennerström doch noch zu Fall zu bringen.

Zu dem Fall kommt dann noch Lisbeth Salander hinzu. Sie arbeitet als für eine Sicherheitsfirma und übernimmt dort oft heikle Fälle, läßt sich dabei aber nie in die Karten sehen und recht eigenwillig; dabei aber unschlagbar, was Recherchen angeht und in der Lage, über fast jeden auch die verborgensten Geheimnisse zu lüften. Zusammen sind sie ein unschlagbares Team.

Sie decken nach und nach die Familienverhältnisse auf, ihre Geheimnisse und kommen so auf die Spur einer grausigen Serie von übelsten Verbrechen, die bis heute andauern. Wunderbar gelingt es ihnen, durch geduldiges und mühseliges Vorgehen die Geschehnisse von vor vierzig Jahren zu rekonstruieren und alles aufzuklären.

Normalerweise bin ich kein Krimileser, dieses Buch war mein Einstieg. Die ersten zweihundert Seiten habe ich etwas gebraucht, aber dann nahm mich die Geschichte absolut gefangen, je weiter sie fortschritt, desto weniger konnte ich aufhören. Spannung ist also garantiert. Vor allem die Hauptfiguren haben es mir angetan. Mikael Blomkvist und Lisbeth Salander sind zwei fesselnde Figuren, jeder auf eigene Art, die sich ähnlich sind und trotzdem konträr ergänzen. Beide sind verbissen bis zum Ende, wenn sie sich was vorgenommen haben, lassen sich dann nicht mehr abhalten. Mikael hält sich an seinen journalistischen Ethos und geht auch mal ungewöhnliche Wege. Lisbeth jedoch ist die eigentliche Figur, die mir am meisten gefallen hat. Im Grunde ist sie sozial inkompetet, totaler Einzelgänger, läßt sich nichts gefallen, im schlimmsten Fall wird sie eben Gewalt anwenden und mit einigen ungewöhnlichen Fähigkeiten, sie hat messerscharfen Verstand und ist ein Computergenie. Trotzdem hat man viel Sympathie für sie, da sie viele Ungerechtigkeiten über sich ergehen lassen mußte, übelste Gewalt von Einzelpersonen aber auch von staatlicher Seite aus. Die Zusammenhänge hierzu klären sich in den weiteren Bänden.

Eine absolute Empfehlung von meiner Seite für die Trilogie...

© Ralf 2008