Suhrkamp 2004, 766 S.
OT Ssipur al ahava we-choschech 2002
Aus dem Hebräischen von Ruth Achlama
Amos Oz verwebt in seinem autobiographisch gefärben Roman seine Biographie und Familiengeschichte mit der Gründung des Staates Israel und läßt den Leser teilhaben am Schicksal seiner Eltern, seiner Großeltern und dem Land. Er läßt alle zu Wort kommen, auf den ersten 200 Seiten in immer wiederkehrenden Rückblenden (wurde mir fast irgendwann zuviel, verläuft danach aber linear) zurück bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Seine Großeltern, Onkels, Tanten erzählen vom Leben im alten Osteuropa, ob es nun lustige Anekdoten sind, traurige Lebensumstände, Motive zur Flucht oder antisemitische Greueltaten der Zurückgebliebenen.
Seine Eltern sind in den 30er Jahren geflohen, Amos Oz ist 1939 geboren, der UNO-Beschluß zur Teilung war 1947 und mit dem Einholen der britschen Flagge konnte die Staatsgründung Israels dann erfolgen. In diesen Jahren liegt also seine Kindheit in Jerusalem und durch das Mischen seiner eigenen Erinnerungen mit denen seiner Verwandten entsteht somit ein Panorama jüdischen Lebens in Osteuropa und damit über die politischen und sozialen Umstände der Flucht, die Motive und danach eben im überwiegenden Teil des Romans über das Leben im Jerusalem der 40er Jahre, den jüdisch-arabischen Konflikt usw.
Besonders auch am Familienleben nimmt man teil, seien es die täglichen Probleme, die Interaktion der Familienmitglieder und ihren Schrullen, gespickt mit vielen Geschichten, Diskussionen: die Entwicklungsgeschichte des Jungen und seinen Beziehungen, der gebildete Vater mit seinen Sprachspielen (wobei dies vielleicht irgendwann zuviel wird, typisch für ihn. Es wäre bestimmt nochmal viel interessanter, das Buch auf hebräisch zu lesen und diese nachzuvollziehen), Belehrungen und Fürsorge in der konservativen Erziehung und der Mutter, die sich am Ende das Leben nimmt.
Ich glaube nicht, daß das Buch jedermanns Sache ist, man muß sich darauf einlassen, vor allem am Anfang: ich zumindest konnte mich der Geschichte nicht entziehen. Sie ist durchwoben von Freude, Liebe, Heiterkeit und Traurigkeit, Versagen, Nöten und Sorgen der Familie, so daß sich am Ende das Gefühl einstellt, teilgenommen zu haben und einiges zu erfahren über Israel in der Gründungszeit.
Die Geschichte von Liebe und Finsternis ist ein ganz besonderer, bemerkenswerter Roman, er hat mich emotional gepackt und ich werde ihn nicht vergessen.
03.04.2005