Elliot Perlman: Drei Dollar

DVA Deutsche Verlags-Anstalt 2010, 411 S.
(OT Three Dollars, 1998)
Aus dem Englischen von Henning Ahrens

»Ich begegne Amanda alle neuneinhalb Jahre. Das ist keine Regel. Es muss nicht so sein, aber es hat sich bis jetzt vier Mal so ergeben.«

So beginnt der erste Roman von Elliot Perlman und diese Begegnungen rahmen die Geschichte ein, geben ihm seine Struktur. Am Anfang des Buches ist Eddie 9 Jahre alt und er erzählt von seiner Sandkastenfreundin Amanda, damals schon ein hübsches Mädchen aus der Nachbarschaft. Eddie wächst in einer durchschnittlichen Mittelstandsfamilie auf, Amanda dagegen ist die Tochter eines reichen, aufstrebenden Unternehmers. Was folgt ist der Abbruch des Kontakts, indem Amandas Mutter dem neunjährigen Eddie kalt das Ende telefonisch mitteilt.

So wird bis zur Hälfte des Buches Eddies Aufwachsen, sein Werdegang, Studium, Freundin, Heirat usw geschildert, bis wir in der Gegenwart des Romans ankommen, die 90er Jahre im australischen Melbourne. Er ist Chemieingenieur geworden, arbeitet an einer Umweltbehörde und lebt in einer Ehe mit Tanya, die er schon zu Studienzeiten an der Uni kennengelernt hat. Sie ist ein wenig ein charakterlicher Gegenpol zu Eddie, an der Uni quicklebendig und engagiert, hält Seminare, politisch hochmotiviert für eine bessere Gesellschaft. Beider Leben mündet in einen durchschnittlichen Alltag, nachdem das Kind da ist scheinen sie glücklich, sie machen eigentlich alles richtig. Und doch zeigen sich in der Mitte des Lebens (auch des Buches) erste Probleme, beide sind von Jobverlust bedroht, was auch Verlust des Hauses bedeuten würde, Tanya verfällt immer mehr in tiefe Depressionen und Eddie steht massiv unter Druck in seiner Behörde. In einem Umweltgutachten steht er vor der Wahl, dem Druck seiner Vorgesetzten nachzugeben und ganz gegen seine Überzeugung falsche Beurteilungen abzugeben, die echten Zahlen zu unterdrücken, was jedoch für die Umwelt Katastrophale folgen hätte, oder seinen Job zu verlieren. Die Zeit ist geprägt durch Deregulierung, Neoliberalismus und der Macht der Märkte. Er ist und bleibt ein geradliniger Mann, versucht aufrecht und anständig zu bleiben, so ist sein Charakter, ganz in Übereinstimmung mit der politschen Haltung seiner Frau und wird schließlich entlassen.

Dieses Hinsteuern in das Drama dominiert die zweite Hälfte des Buches. Bis dahin war ich nicht ganz glücklich, es wurde eben der durchschnittliche Werdegang Eddies geschildert, ein normales Leben. Die düsteren Wolken, die aufziehen, beleben dann die Geschichte deutlich. Auch konnte ich an der Beziehung des Paares Eddie/Tanya nicht teilhaben, was machte sie aus, wo ist die Liebe, die Auseinandersetzungen, die Tiefe. Aber als die Tochter dann geboren war, wurde auch ein glückliches Familienleben sichtbar, ihr Zusammenhalten und eben auch ihre Liebe. Nun hat das Buch eine gewisse Dynamik und Spannung, so daß man die Geschichte gerne weiterverfolgt,

Auch wenn ich das Buch ab der zweiten Hälfte ganz gerne gelesen habe, ist die soziale Botschaft, die es bemüht vermitteln will, doch etwas zu stark ausgeprägt, der moralische Zeigefinger leider sichtbar. Und das Ende hat mich den Kopf schütteln lassen, soviel Märchen, soviel Gutes auf einmal geht einfach nicht. Da wäre mir ein offenes Ende lieber gewesen. Ich rate einfach, daß Buch 50 Seiten vor Schluß zur Seite zu legen... ;-)

Was bleibt ist der Hinweis auf sein zweites Buch, die »Sieben Seiten der Wahrheit«, das sehr zu empfehlen ist und viel Lesefreude bietet...

© Ralf 2010