Matt Ruff: Bad Monkeys

Carl Hanser Verlag 2008, 254 S.
Aus dem Amerikanischen von Giovanni und Ditte Bandini

Auf dem Cover der gelben Ausgabe ist ein Tintenklecksbild stilisiert (der Affe ist nicht zu übersehen) und das passt sehr gut zum Buch. So wie es beim Rohrschach-Test nicht wirklich Richtig oder Falsch gibt, so fragt man sich auch bei diesem Buch, was wahr oder falsch ist. Doch zunächst zum Inhalt.

Jane Charlotte sitzt in der Psychiatrie einer Strafvollzugsanstalt. Sie wurde wegen eines Mordes festgenommen, den Beamten hat sie erklärt, daß sie im Auftrag einer Geheimorganisation zur Verbrechens­bekämpfung handelt, der "Abteilung für die finale Ausschaltung nicht zu rettender Personen", kurz den Bad Monkeys. Es geht der Organisation also darum, das Böse in der Welt zu bekämpfen, diese spezielle Abteilung bringt diejenigen um, die unrettbar verloren sind, Serienkiller, Kinderschänder, Massenmörder.

"Worin besteht Ihre Arbeit bei Bad Monkeys", fragt der Arzt, also was tun Sie? Böse Menschen bestrafen?" "Nein. Normalerweise töten wir sie einfach."

Schon auf der dritten Seite wird erzählt, warum sie also einsitzt: sie hat Dixon getötet, das war kein Böser, sie sagt "Er war ein Arschloch. Ich konnte ihn nicht leiden. Aber er war nicht böse."

Verhört wird sie von Dr. Vale in einem kargen, vollkommen weißen Zimmer, das Interview gibt dem Roman seine Struktur: jeweils ein kurzes Gepräch auf wenigen Seiten, das überleitet zu den größeren Kapiteln, in denen Jane ihre Lebensgeschichte erzählt, ihre Kindheit, ihr Leben und die Aufträge bei Bad Monkeys.

Sie wächst mit einer völlig überforderten alleinerziehenden Mutter auf, die ihr meist die Verantwortung für den kleinen Bruder überträgt, immer muß sie auf ihn aufpassen. Jane hat dazu natürlich überhaupt keine Lust, sie möchte lieber kiffen, ihr eigenes Leben führen, so daß ihr Bruder Phil irgendwann verschwindet (entführt wird...?). Es kommt zur explosiven Auseinandersetzung zwischen Mutter und Tochter, so daß sie zu entfernten Verwandten gebracht wird und dort aufwächst. Dort beginnen dann die ersten verrückten Ereignisse. So spioniert sie auf der Suche nach etwas Dope den Hausmeister ihrer Schule aus, der schließlich  zum ersten Opfer wird, da sie rausfindet, daß er kleine Jungs beobachtet und ein gefürchteter Serienkiller ist. Dr. Vale findet immer mal wieder Widersprüche in der Erzählung und so geht es von Geschichte zu Geschichte, es wird immer abstruser und phantastischer. Die Richtung Phantastik oder Science Fiction erinnert dann manchmal an Filme wie Matrix oder an Werke von Philip K. Dick. Es gibt unglaubliche Überwachungstechniken der Organisation, Technik, über die man nur staunen kann. Beobachtet und aufgezeichnet wird alles, das ganze Leben läßt sich in Bildern rekonstruieren. Jane bringt ihre Opfer nicht gewöhnlich um, ihre Abteilung benutzt NT-Waffen (NT Natürliche Todesursache), so daß der Tod durch Herzinfarkt oder Schlaganfall eintritt.

Jane ist unzuverlässig, aggressiv und hält sich des öfteren nicht an die Regeln, geht ihre eigenen Wege. Trotzdem mochte ich sie, sie ist eine gute und durchaus intelligente Erzählerin ihres Lebens und man folgt gebannt den Wendungen, die reichlich auftreten. Und immer wieder erhebt sich die Frage, was ist real, was Illusion, was Wirklichkeit? Zweifel hat mich auf allen Seiten begleitet. Wenn am Anfang die Geschichten noch von dieser Welt sind, so werden sie immer verrückter - nichts gegen Mystery oder ähnlichem, aber es entwickelt sich zu einem gewollten Irrgarten, phantasiert Jane? Irgendwann dann frag ich mich, möchte ich dies so lesen?

Vielleicht habe ich deshalb eine ambivalente Haltung dem Buch gegenüber. Matt Ruff hat mich mit "Fool on the Hill" genauso gefesselt wie mit "Ich und die Anderen". Auch hier hört man sehr schnell seinen Ton, aber es hat mich längst nicht so beigeistert. Die andern beiden Bücher hatten mich fasziniert, Welten haben sich aufgetan, ich konnte ganz in sie versinken, hier dagegen blieb immer Zweifel. Es liest sich schnell runter, die Geschichte wird immer verwickelter und ist durchaus spannend, doch es bleibt ein Aber. Wenn ich am Anfang des Buches noch darüber nachdachte, ob eine paranoide Jane alles nur erfindet, irgendeine Psychose o.ä., so wurde es immer haarsträubender, am Ende hat mir das Auftreten der schlechten Jane dann nicht mehr gefallen – oder hatte ich nur ein Problem mit meiner eigenen Wahrnehmung, hab ich eigentlich alles im Buch verstanden, was stimmte, was war Illusion?

Vielleicht noch eins zum Schluß: ganz am Ende wendet sich noch einmal alles, die Auflösung ist ganz anders, als man vermuten würde und deshalb gilt für dieses Buch ganz besonders, nicht die letzten 3 Seiten zu lesen...

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© Ralf 2008